Dr. Felix Büchting, Vorstandssprecher der KWS, versprach bei der Ausstellungseröffnung den Besucherinnen und Besuchern Überraschendes beim Blick durch die Gucklöcher: „Seien Sie gespannt auf die Einblicke.“ Die Kunst braucht Freiraum für Entfaltung und Inspiration, um neue Perspektiven zu ermöglichen.
Die Ausstellungsbesucher sollten nicht mit zu vielen Informationen in die Galerie kommen, müssten ihre eigenen Erfahrungen machen, riet Dr. Thomas Becker, Kulturwissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, bei der Vernissage. „Sinne bauen aufeinander auf, und das ist das Thema hier“, sagte Becker. Die so genannten Distanzsinne oder Intelligenzsinne Sehen und Hören ergänzen sich. Das, was man höre, sehe man in den Räumen nicht. Ebenso sehe man aber durch die Gucklöcher, ohne etwas zu hören. Von den Ausstellungsbesuchern werde Bewegung verlangt. „Sie müssen sich bücken, um etwas zu sehen, und sie müssen hineingehen, um zu überprüfen, was sie gesehen haben“, sagte der Kulturwissenschaftler, der die Gruppe Stumpf bereits seit seiner Zeit an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig kennt. „Sie sehen etwas, und Sie haben eine Erfahrung, aufgrund dessen Sie es sehen.“ Erst das Zusammenspiel der Sinne führe zu einer Wahrnehmung.
Das Spiel von Innen und Außen ist auf den ersten Blick erkennbar. Sämtliche Fenster von NEWCOMER wurden nach einem alten Künstlerprinzip mit Buttermilch eingestrichen und damit undurchsichtig gemacht. Nur an sieben Schaulöchern erhalten Besucherinnen und Besucher von außen einen Einblick in das vermeintlich Innere der Galerie. Dafür ist an einigen Stellen Einsatz gefragt: Der Blick nach innen ist dort nur durch eine Podestleiter oder eine Stufe erreichbar. Die Besucher werden geradezu ermutigt, eine voyeuristische Position einzunehmen, um den Blick ins Innere zu bekommen. Doch führt so ein Schauloch nicht in den bekannten Galerieraum, sondern auf eine digitalisierte, virtuelle Version des jeweiligen Raumausschnittes als Video-Loop auf einem Monitor – ein Spiel mit dem Screen, „Screenplay“ eben. Genauso wie das bewegte Bild nur von außen einsehbar ist, ist der Sound aus den Tonspuren dieser Videos nur in den Innenräumen erlebbar.
Jan Neukirchen und Christian Lohre sind die Gruppe Stumpf. Beide haben an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig, der Facultad de Bellas Artes der Universidad de La Laguna (Teneriffa), der Tschechischen technischen Universität in Prag sowie der Hochschule Furtwangen studiert und als Meisterschüler abgeschlossen. Seit 2014 arbeiten sie zusammen und operieren im Spannungsfeld zwischen Skulptur, Installation, Klangkunst und Performance. Zurzeit leben und arbeiten sie in Hannover und Paderborn. Sie stellen ihre Arbeiten in Einzel- und Gruppenausstellungen seit 2016 aus und präsentieren ihr Können immer wieder in der Herbstausstellung des Kunstvereins Hannover, einer der wichtigsten Ausstellungen niedersächsischer Künstlerinnen und Künstler des Bundeslandes. Preise und Auszeichnungen bleiben nicht aus, wie unter anderem 2021 der Link-Masters Planning Grant der Stiftung Niedersachsen.