Die einen sprechen von „Smart Farming“. Die anderen von „Präzisions-Landwirtschaft“. Gemeint ist in beiden Fällen dasselbe: Das maßgeschneiderte Bewirtschaften eines Ackers mithilfe von Datenanalysen und digital gesteuerten Maschinen. Das können Drohnen sein, die mit Kameras über das Feld fliegen und Pflanzenkrankheiten erkennen. Oder Roboter, die automatisch Unkraut von den Nutzpflanzen unterscheiden und es mechanisch beseitigen.
Breite Basis für Entscheidungen
Andere Maschinen sammeln bereits während der Ernte Informationen zum Ertrag in den unterschiedlichen Bereichen eines Feldes und übertragen die Daten an eine digitale Ackerschlagdatei. Dabei zeigt sich häufig, dass der Ertrag binnen weniger Meter erheblich schwankt. Kombiniert ein Landwirt all diese Informationen, bekommt er im Lauf der Zeit eine immer größere Datenbasis, auf deren Basis er seine Entscheidungen immer sicherer treffen kann.
Maßgeschneidert und nachhaltig
Auch beim Umsetzen dieses Wissen helfen dem Landwirt Maschinen und Digitaltechnik: Saatgut, Dünger, Wasser oder Pflanzenschutzmittel werden nicht mehr gleichmäßig über den Acker verteilt, sondern „maßgeschneidert“ ausgebracht, Quadratmeter für Quadratmeter. Damit gelangen die optimalen Mengen Dünger oder Saatgut an den exakt richtigen Ort. Das spart Ressourcen und trägt zu einer nachhaltigen Landwirtschaft bei, von der Landwirte und Umwelt gleichermaßen profitieren.
Neuer Nutzen – zentimetergenau
Einen Beitrag zur Präzisions-Landwirtschaft leisten Drohnen und Satelliten, die aus unterschiedlichen Höhnen über die Felder fliegen. Ihre Kameras erkennen den Grad der Bodenbedeckung oder die Art der Vegetation. Alle paar Tage überfliegen Satelliten die gleiche Stelle. Ihre dabei aufgenommenen Serienbilder verraten, wie sich die Pflanzen auf welchem Feld entwickeln. Wer diese Bilder mithilfe „schlauer“ Algorithmen auswertet, kann neuen Nutzen schaffen: Er erkennt Wachstumsrate oder drohenden Krankheitsbefall, den Reihenschluss oder auch den optimalen Erntezeitpunkt. Und das auf wenige Zentimeter genau. Der Mensch allein könnte dies alles nicht leisten. Viele Universitäten, Unternehmen und Start-ups erkunden die Möglichkeiten dieses „Farming 4.0“, wie es in Anlehnung an die vernetzte Fabrikproduktion der Industrie 4.0 mitunter heißt.
Präzise Kontrolle
Die Europäische Union betont die Bedeutung des Precision Farming. In einer vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Studie heißt es: „Mit Blick auf die Bedürfnisse von Gesellschaft und Umwelt ist es die größte Herausforderung der Landwirtschaft in der EU, eine hohe Produktivität und einen besseren Schutz der natürlichen Ressourcen miteinander zu vereinen. Precision Farming ist ein informationsbasierter Entscheidungsansatz für das Management von Betrieben, um jeden einzelnen Schritt der Landwirtschaft präzise zu kontrollieren.“
DLG: Digitalisierung hat herausragende Rolle
„Die Ziele Lebensmittelerzeugung und Umweltschonung können im Konflikt zueinander stehen“, heißt es in einem Positionspapier der DLG. Und weiter: „(…) daher gilt es speziell am landwirtschaftlichen Gunststandort Deutschland Konfliktlösungen zu finden, die von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen sind. Gefragt sind neue und fortschrittliche Konzepte, die an die Vielfalt der Standorte angepasst sind und die den Wettbewerb stärken. Dabei wird Digitalisierung eine herausragende Rolle einnehmen.“
Ein Milliardenmarkt
Nicht zuletzt ist das Thema wirtschaftlich bedeutend. Agrar-Spezialisten des Beratungsunternehmens Accenture schätzen, dass der Markt für digitale Agrar-Services bis 2020 global auf 4,55 Milliarden Dollar wächst. „Der stärkere Einsatz digitaler Agrikultur-Services ist nicht nur für die finanzielle Leistungskraft der Betriebe wichtig, sondern auch für die Ernährung der wachsenden Bevölkerung“, heißt es dort.