Hybridroggen bietet Potenzial. Eine Analyse der Landessortenversuche bestätigt die außergewöhnliche Ertragsstabilität von Hybridroggen.
Für den Hybridroggen lässt sich ein eher überdurchschnittlicher Ertrag feststellen, was durch die LSV Auswertung 2021 sichtbar wird. Dennoch bleibt die Ertragsstabilität des Hybridroggens weiterhin bestehen. Zur Ernte 2021 war eine Roggenfläche von 636.000 ha zu verzeichnen. Die Kontinuität in der Roggenfläche lässt sich auf die guten Erfahrungen im Hybridroggenanbau und stetig steigende Nachfrage aus dem Futtermittelsektor zurückführen.
Die Analyse
• Offizielle Daten der Landessortenversuche 2011 - 2021.
• 441 vergleichbare Flächen (bzgl. Bodengüte und Vorfrucht).
• Mittelwerte aller geprüften Sorten einer Kultur (Ausschluss einzelner Sorteneffekte).
Das Ergebnis
• In allen elf Jahren war Hybridroggen die ertragsstärkste Getreideart.
• Die Ertragsüberlegenheit gilt für alle 3 Großregionen Deutschlands.
• Hybridroggen erreichte Ø 5 % Mehrertrag zu Triticale.
Ergebnisse
Als Basis für den Ertragsvergleich der Wintergetreidearten dienen die veröffentlichten Daten der Landessortenversuche der Jahre 2011 bis 2021. Dieses Netz an Versuchen bietet in Deutschland ein breites Fundament von Standorten und Daten. Zur besseren Vergleichbarkeit sind für die einzelnen Gegenüberstellungen nur Ergebnisse von LSV-Standorten herangezogen, an denen die Arten auf vergleichbaren Flächen angebaut wurden. Damit kann das Ertragspotenzial der Fruchtarten direkt miteinander verglichen werden. Die Gleichartigkeit der Prüfflächen wurde anhand von Bodengüte, Vorfrucht und nach Rücksprache mit den jeweiligen Versuchsverantwortlichen festgestellt. Für den Ertragswert der einzelnen Kulturen oder Gruppen sind die Mittelwerte aller geprüften Sorten herangezogen worden. Damit sind Effekte einzelner Sorten ausgeschlossen.
Auf insgesamt 164 Standorten über die Jahre 2011 bis 2021 wurden Roggen, Triticale, Gerste sowie Weizen orthogonal geprüft (Abbildung 1). Entgegen der landläufigen Meinung stellt sich heraus: In zehn Jahren ist Hybridroggen die ertragsstärkste Getreideart gewesen! Besonders in Jahren mit insgesamt niedrigerem Ertragspotenzial kann der Hybridroggen seine Vorteile in der Ertragsstabilität ausspielen. Im Auswinterungsjahr 2011/2012 erkennt man außerdem die bessere Winterhärte des Hybridroggens. Deutlich erkennbar ist auch, dass die Gerste in den Trockenjahren 2015, 2018 und 2019 durch die frühere Abreife bei der späten Trockenheit und Hitze überdurchschnittlich profitiert hat.
In der Abbildung 2 zeigt sich, dass die Ertragsüberlegenheit des Hybridroggens in allen drei Großregionen in Deutschland gegeben ist. Diese Ertragsüberlegenheit ist jedoch nicht aus den statistischen Praxiserträgen erkennbar. Die Gründe für diese Tatsache sind naheliegend. Roggen ist aus Tradition auf den leichtesten Standorten zu Hause. Hier hat sich die Fruchtart durch ihre Ertragsstabilität und Trockentoleranz etabliert. Jedoch erhält sie auf diesen Flächen nicht die Chance das volle Ertragspotenzial auszuschöpfen. Und vor allem in Trockenjahren wie zur Ernte 2018 und 2019 zählt bei der Wasserversorgung jeder Bodenpunkt.
Seit gut 30 Jahren wird im Roggen mit der Hybridzüchtung gearbeitet. Dadurch ist der Zuchtfortschritt sehr hoch. Dank seiner Blühbiologie als Fremdbefruchter ist der Roggen besonders gut für die Hybridmethode geeignet, was sich vor allem beim Merkmal Ertrag immer wieder zeigt. Dadurch ist zu erwarten, dass sich der Ertragsvorteil des Hybridroggens in Zukunft noch ausbauen wird.
In der Fruchtfolge sind durch ihre Wirtschaftlichkeit und je nach Region Zuckerrübe, Kartoffel, Raps, Mais oder Weizen als Hauptfrucht gesetzt. Daher stellt sich vor allem die Frage nach der Wahl der abtragenden Fruchtart. Hier lohnt sich die intensivere Betrachtung. Vom reinen Ertragspotenzial liegt der Roggen laut obenstehender Analyse an der Spitze. Zudem bietet eine größere Diversifizierung der Fruchtarten auch eine Risikostreuung. Erinnern wir uns an den Winter 2011/2012 oder regional auch an 2015/2016: Roggen hat unter den Wintergetreidearten die höchste Winterhärte und reduziert damit den wirtschaftlichen Schaden durch Auswinterung. Zusätzlich kann der Anbau unterschiedlicher Wintergetreidearten die Ernte entzerren.
Durch die ackerbaulichen Vorteile der Gerste und die Wirtschaftlichkeit des Weizenanbaus kristallisiert sich als austauschbare Frucht vor allem Triticale heraus. Die Gerste ist außen vor, denn trotz ihres tendenziell geringeren Ertragspotenzials hat sie in vielen Fruchtfolgen einen festen Platz. Sie bietet durch frühe Räumung vor allem als Vorfrucht zu Raps Vorteile und liefert Rohfaser für die Fütterung, auch wenn Roggen durch seine Inhaltsstoffe ebenfalls eine sättigende Wirkung hat. Beim Vergleich mit Weizen sind die Preisdifferenz und die Vermarktung die Hauptargumente, die dem Roggen häufig entgegenstehen.
Roggen und Triticale wurden in den Jahren 2011 bis 2021 auf insgesamt 357 Standorten gemeinsam geprüft. Die Ergebnisse von Hybridroggen und Triticale im Vergleich in der Abbildung 3 zeigen, dass in allen Jahren Hybridroggen mit durchschnittlich 5 % Mehrertrag die Nase vorn hatte. Dies gilt sowohl für Standorte mit einer Ackerzahl unter 40, als auch für die besseren Standorte mit einer Ackerzahl über 40. Hier wird der stärkere Zuchtfortschritt aus der Hybridzüchtung im Roggen sehr deutlich im Vergleich zur Linienzüchtung in der Triticale. Der Ursprungsgedanke der Triticale, das Ertragspotenzial des Weizens mit den geringen Ansprüchen des Roggens zu kombinieren, ist spätestens seit dem starken Gelbrostdruck in den letzten Jahren weitgehend hinfällig. Demgegenüber ist die Anfälligkeit für Blattkrankheiten im Roggen deutlich geringer geworden. Dies zieht in der Folge auch geringere Produktionskosten für den Pflanzenschutz nach sich und bringt echte Vorteile im Resistenzmanagement der Fungizide. Diese sind auch durch die hohe Stickstoffeffizienz des Roggens im Kostenblock Stickstoffdüngung geringer als bei der Triticale.
Hybridroggen kann Antworten auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Getreideanbau liefern:
- Düngeverordnung
- Ertragsstabilität sichert Nährstoffentzüge
- Durch Ertragspotenzial und Strohanfall höchste P-Entzüge der Getreidearten
- Frühsommertrockenheit
- Trockentoleranz hilft zunehmende Trockenheit zu überstehen
- Wegfall fungizider Wirkstoffe
- Hohe Widerstandskraft schützt den Roggen vor Pflanzenkrankheiten
-> Reduzierte Fungizidintensität möglich
- Hohe Widerstandskraft schützt den Roggen vor Pflanzenkrankheiten
- Grenzen von engen Fruchtfolgen
- Erfolg mit Roggen auch auf mittleren und besseren Standorten
- Veredlungsbetriebe, die mit ihrem Getreideanbau möglichst hohe P-Entzüge realisieren müssen, sollten auf die Ertragshöhe und -stabilität des Hybridroggens setzen.