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Korn für Korn ein Stück High-tech

04.09.2019

Im Gespräch mit Dirk Niemann, Seed Applied Solutions Manager bei KWS Getreide.

Warum ist die Beizung von Saatgut eigentlich so wichtig?

Bei der Beizung im Getreide geht es primär darum, samen- und bodenbürtige Krankheiten wie z. B. verschiedene Brände oder Fusarium zu kontrollieren. Insbesondere Brände verursachten früher, ohne verfügbare wirksame Beizungen, regelmäßig einen beträchtlichen Schaden. Heute treten diese Pathogene wenig in Erscheinung, weil diese sicher durch die Anwendung von wirksamen Beizprodukten erfasst werden.

Es wird aktuell viel über einen möglichen Verlust von chemischen Wirkstoffen diskutiert. Wie ist Deine Einschätzung dazu?

Die Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln werden im Genehmigungsverfahren immer strenger auf ihr Risiko für Mensch, Tier und Umwelt geprüft. Wirkstoffe wie z. B. das im Mais, Zuckerrübe oder Raps genutzte Fungizid Thiram bekamen kürzlich keine Wiederzulassung. Beides zeigt, dass wir für die Zukunft mit einem reduzierten Repertoire an Wirkstoffe rechnen müssen. Für diverse Wirkstoffe läuft 2019 die Zulassung aus. Viele davon bekamen schon eine kurzfristige sogenannte administrative Verlängerung der Zulassung. Es ist aber keine Entwarnung für den Pflanzenschutz, und es kann heute keiner sicher vorhersagen, wie es mit jedem einzelnen Wirkstoff weitergehen wird.

Bedeutet dieses eine Gefahr für die sichere Kontrolle von samen- und bodenbürtigen Krankheiten im Getreide?

Zum aktuellen Zeitpunkt ja. Wenn chemische Wirkstoffe für die Beizung wie z. B. Fludioxonil oder Tebuconazole wegfallen, dann werden damit auch alle Produkte, die diese Wirkstoffe enthalten ihre Zulassungen verlieren. Sollten die dann noch verfügbaren Produkte Lücken in der Wirkung aufweisen, werden sich die nicht erfassten Krankheiten wieder Jahr für Jahr stärker etablieren und ausbreiten.

Was macht KWS, um eine bestmögliche Kontrolle dieser Krankheiten im Hybridroggen anzubieten und was könnten Alternativen sein?

Wir verfolgen die Zulassungslage aller Wirkstoffe genau. Parallel prüfen wir verfügbare chemische Produkte sowie alternative physikalische Verfahren und Biologicals mit fungizidem Effekt auf ihre Wirksamkeit. Dafür haben wir Testsysteme entwickelt, um die spezifischen Wirkungen auf unserem Saatgut selbst zu überprüfen. Gerade im Biologicals-Markt schwankt die Leistung der Produkte zum Teil stark. Darum arbeiten wir bei KWS auch an der Optimierung von bereits verfügbaren oder kommenden Produkten, um sie lagerungsstabil zu machen und ihre Wirksamkeit zu steigern. Um dies zu erreichen, hat KWS vor einigen Monaten die BFC Verkapselungs-Technologie einlizensiert, die die Nutzbarkeit von Biologicals als Beizmittel auch im Hybridroggen stark verbessern wird. Mit dieser Technologie und mit der eigenen Analyse der Produktleistungen werden wir als unabhängiger Züchter die beste Lösung auswählen und unserem Kunden bestmöglich geschütztes Saatgut anbieten.

BFC Verkapselungs-Technologie

Die Verkapselung von Mikroorganismen auf Basis natürlicher Verbindungen schützt und stabilisiert die Wirkstoffe der Biologicals. Beispielsweise können dadurch Produkte, die nicht lagerstabil sind, nutzbar gemacht werden. Durch den Einsatz dieser spezifischen neuen sogenannten BFC-Technologie können in Zukunft mehr wirksame Biologicals als Saatgutbehandlungen eingesetzt werden. Die von der Technischen Universität Graz entwickelte Technologie und ihr Tochterunternehmen Biotenzz ist exklusiv von KWS für die Kulturarten Zuckerrübe, Raps, Roggen und Kartoffel einlizensiert worden.

Dr. Nora Temme, Manager Biologicals, KWS

Gibt es Trends rund um das Saatgut?

Der Biologicals-Markt wird aus meiner Sicht wachsen. Diese Produkte enthalten z. B. Pilze, Bakterien, Pflanzenextrakte oder Enzyme, die die Pflanzen vitaler und widerstandsfähiger machen. Sie werden zusätzlich zur Standardbeize appliziert und können auch die Nährstoffverfügbarkeit verbessern sowie bei Stresssituationen unterstützen. Man kann auch sagen, dass diese Produkte die Ausnutzung des Ertragspotenzials verbessern. Ich denke, zukünftig werden sie zusätzlich zu der Sortenwahl und anderen pflanzenbaulichen Maßnahmen eine sehr interessante Komponente im Anbau sein.

Hast Du dazu schon Ergebnisse?

Wir haben in den letzten Jahren nur aussichtsreiche Produkte getestet und fokussieren uns hier aktuell auf Hybridroggen. Wir prüfen auf Stressstandorten mit reduzierter Düngung und messen unter anderem den Effekt auf Ertragsstabilität. Beim Biological JumpStart® WT konnten wir in den beiden Jahren 2017 und 2018 in verschiedenen Sorten einen positiven Effekt auf den Ertrag messen. Das genannte Produkt wurde jetzt vom Hersteller Bayer optimiert und mit einer weiteren Komponente ergänzt. In Versuchen des Anbieters wurde damit eine noch bessere Wirkung festgestellt. Diesen Herbst planen wir mit dem optimierten Produkt JumpStart® Pro erste Demoanbauten zu starten, um neben Versuchen mehr Erfahrungen in der Praxis zu sammeln. Wenn das Produkt die Leistung bestätigt, werden wir im Jahr 2020 erstes damit behandeltes Hybridroggensaatgut anbieten.

Wie sieht das Saatgut der Zukunft aus?

Die Basis ist eine hervorragende Genetik gekoppelt mit einem nachhaltigen und bestmöglichen Schutz gegen samen- und bodenbürtige Krankheiten mit sehr geringen Heubachwerten. Darüber hinaus wird das Saatgut weitere Ausstattungsbausteine enthalten, die einen messbaren Mehrwert bringen. Biologicals werden dabei eine wesentliche Komponente darstellen. Wir arbeiten daran, verschiedene Wirkmechanismen miteinander zu kombinieren, um die Pflanze zu unterstützen, stresstoleranter sowie nährstoffeffizienter zu sein oder sich schneller zu etablieren. Die ohnehin starken KWS Roggenhybriden werden dadurch in der Leistung unterstützt. Wir sehen das optimale Saatgut der Zukunft also als ein Zusammenspiel aus unserer starken Genetik und unserer darauf abgestimmten und validierten Saatguttechnologie.

Kontakt

Dirk Niemann
Dirk Niemann
Manager Seed Technology
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