• Werk von Sinaida Michalskaja

Das Denken in Kreisläufen ist der Schlüssel –
Sinaida Michalskaja

Die Fotografie- und Videoarbeiten der Künstlerin beschäftigen mit den Erfahrungen aus Entfremdung, Annäherung und dem Erschließen neuer Seh- und Denkräume – Das Denken in Kreisläufen ist der Schlüssel.

Die Künstlerin sucht und findet ihr Motiv, das Fenster, im alltäglichen Leben: So beobachtete Sinaida Michalskaya mit dem Einverständnis des Besitzers über einen längeren Zeitraum ein Wohnhausfenster, nahm nicht nur das wahr, was sie unmittelbar vor und hinter dem Fenster entdeckt, sondern auch die Umgebung und fügte dies fotografisch, fast malerisch, zusammen. "Das Fenster ist ein Objekt, in dem Ambivalenzen verhandelt werden und das diese Widersprüche vereint und auflöst", sagt Sinaida Michalskaya. "Es ist innen und außen, es ist privat und öffentlich, es ist Natur und Kultur, es ist nicht entweder oder, es ist beides."

Sinaida Michalskajas Ausstellung erinnere an die kulturelle Bedeutung des Fensters, sagte Dr. Daniel Rakovsky, Kunsthistoriker aus Berlin, der in einer Videobotschaft zur Eröffnung selbst durch ein Fernsehfenster sprach. In der Ausstellung, so Rakovsky, schaue man nicht durch das Fenster, sondern auf Fenster. Die Fenster sind in den Arbeiten von Sinaida Michalskaja nie offen. Die Künstlerin nutzt die Schnittstelle des Fensterglases, halb durchsichtig, ganz durchsichtig, halb spiegelnd. "Auf diese Weise erschafft Sinaida Michalskaja eine neue Welt, in der alle Teile innen und außen leicht zu sehen sind und sich vermischen", so Rakovsky. Die Fotografien auf Acrylglas sollen eine Architektur simulieren, so die Künstlerin. "Ich finde das Zusammenspiel von Transparenz und Opazität und Reflexion in Fenstern faszinierend".

Die Fenstervariationen von Sinaida Michalskaya eröffnen interessante Perspektiven, sagte Stephan Krings, Head of Global Marketing & Communications bei KWS, bei der Ausstellungseröffnung. "Ihre Arbeiten überraschen und schaffen neue Sicht- und Denkweisen." Pflanzenzüchter seien es gewohnt, mit dem Kreislauf der Natur zu leben und zu arbeiten, sagte er. Auch in der Forschung seien es wiederkehrende Prozesse und die sich unerwartet öffnende Perspektive, die den Schlüssel zum Ergebnis liefern, spielte Stephan Krings auf den Titel der Ausstellung "Denken in Kreisläufen ist der Schlüssel" an.

Sinaida Michalskaja selbst arbeitet zyklisch und damit in Zyklen, sie geht immer wieder auf frühere Arbeiten zurück, ihre künstlerische Arbeitsweise ist nicht geradlinig - nicht wie ein 100-Meter-Lauf, der nach der Ziellinie beendet ist, sagt sie. In ihrer konzeptionellen Arbeit kombiniert Sinaida Michalskaja Fotografie und Videofilme, mit denen sie den Blick des Betrachters lenkt: Das Fenster ist nicht mehr nur eine unsichtbare Grenze zwischen zwei Räumen. Es wird zur Projektionsfläche und zum Ort der Begegnung zwischen den Welten.

Michalskaya spielt mit Spiegelungen, mit der Verwischung der Grenzen zwischen Innen und Außen. Zimmerpflanzen, private Gegenstände und Spiegelungen der Außenwelt werden miteinander und mit der baulichen Struktur des Fensters verwoben und verwandeln die Fotografien in neuartige Stillleben und Blumenkompositionen. Einige Aufnahmen zeigen ganz schwach im Hintergrund das Spiegelbild des Künstlers mit Kamera und Ausrüstung - ein ganz besonderes Selbstporträt. Die meisten Arbeiten wurden mit einer analogen Kamera aufgenommen, die sie noch immer wie in den Anfängen der Fotografie mit einem Einstelltuch benutzt.

Andy, Lucy, Margarete: Die von Sinaida Michalskaya fotografierten Fenster tragen Namen. Ein Umstand, der sie noch mehr aus ihrer rein utilitaristischen Funktion herausreißt. Durch die Personifizierung des Objekts, aber auch durch die bewusste Wahl des traditionell für Porträts vorgesehenen Porträtformats, schafft die Künstlerin schließlich ein neues Genre: das Fensterporträt.

In der Serie S gehen diese Porträts in Selbstporträts über: In dieser Bildgruppe fotografiert Michalskaya ihr eigenes Londoner Fenster zu verschiedenen Tageszeiten.
Wie in Claude Monets leidenschaftlichen Variationen der Kathedrale von Rouen oder dem Motiv der Seerosen unterstreicht das serielle Verfahren die Flüchtigkeit der Kompositionen: Auch in die Fenster schreibt sich der Lauf der Zeit ein.

In der Serie "Seal" konzentriert sich die Künstlerin auf die Zwischenräume. Zielsicher filmt sie das Licht der vorbeifahrenden Autos. Dieses bricht durch die kleinen Zwischenräume der Jalousien ihres Londoner Fensters. Das Ergebnis sind Videoloops, die den Betrachter in eine beruhigende, entspannende Stimmung versetzen können.

Ausstellungstitel zit. Angela Merkel

Fotos: Julia Lormis

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Die Künstlerin – Sinaida Michalskaja

Sinaida Michalskaja, geboren in Moskau, lebt und arbeitet in Berlin. Sie begann ihre Ausbildung 2007 an der Fachhochschule Düsseldorf, wo sie 2011 ihren Bachelor-Abschluss in Kommunikation und Design machte. Danach verbrachte sie einige Zeit in London und studierte von 2012 bis 2014 am Central Saint Martins College of Art and Design. Das Hauptfach und ihr Master in Fotografie kamen hinzu. Von 2016 bis 2019 wechselte sie dann an die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, Deutschland. Hier wurde sie Meisterschülerin von Peter Piller und Heidi Specker.

Sinaida Michalskaja

Sinaida Michalskaja

Dr. Daniel Rakovsky (Kunstwissenschaftler, Choreograf)

Daniel Rakovsky (*1984, Brüssel) studierte Philosophie und Bildwissenschaften in Paris und Freiburg. 2014 schloss er eine trinationale Promotion über das Konzept der Asymmetrie im Porträt der Renaissance ab (Paris-Sorbonne/Universität Bonn/ Universität Florenz).

Nach verschiedenen Erfahrungen in Deutschen und Französischen Museen arbeitet er seit 2016 in der Fondation Beyeler in Basel.

Seit seiner im Jahr 2018 abgeschlossenen Tanzausbildung verfolgt er parallel zu seiner musealen Tätigkeit eine Karriere als Choreograf. 2020 gründet er die deutsch-französische Tanzkompanie "Onze Chambres".

Die Kombination dieser beiden Schwerpunkte bringt ihn derzeit dazu, sich besonders für die Beziehungen zwischen bildender Kunst, Tanz und Performance zu interessieren und inklusive Formate für performative Rundgänge in Galerien und Museen zu entwickeln.

Dr. Daniel Rakovsky (Kunstwissenschaftler, Choreograf)

Dr. Daniel Rakovsky (Kunstwissenschaftler, Choreograf)

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