Ausstellung
GLORIA – Sebastian Körbs
Sebastian Körbs künstlerisches Oeuvre umfasst Druckgrafiken, Zeichnungen, Malerei sowie Skulpturen und Installationen. In seiner Kunst widmet sich Körbs weitestgehend abstrakten und vor allem ornamentalen Formen, in neueren Werkserien der letzten zwei Jahre nähert er sich aber durch die Mittel der Abstraktion allmählich auch der figürlichen Darstellung.
Zu seiner Kunst
Seit einem längeren Aufenthalt in Istanbul und der damit einhergehenden intensiven Beschäftigung mit der osmanischen Kunst und Architektur hat Körbs sich in seinen Werkserien immer wieder mit osmanisch geprägter Ornamentik beschäftigt. Diesen Ornamenten liegen zumeist einfache geometrische Formen zugrunde, wie sie auch in der Natur anzutreffen sind. Mit Hilfe unterschiedlicher Medien dekliniert Körbs die schier unendliche Vielfalt an ornamentalen Neukombinationen durch, etwa in seinen installativen Arbeiten, in denen er aus Keks- oder Brotteig geformte Fliesen zu großformatigen farbigen Bildflächen auslegt oder indem er durch Überlagerungen im Druckverfahren vielschichtige und komplexe Formmuster kreiert.
Einhergehend mit der Geburt seines ersten Kindes sind im Oeuvre des Künstlers zuletzt Werke entstanden, die sich ausgehend von der Kreisform mit Zellteilung und dem Entstehen von Leben beschäftigen. Die Zeichnungen und Malereien aus dieser Werkgruppe muten zum einen noch abstrakt an, lassen aber schon deutlicher die figürlichen Motive erkennen, die ihnen zugrunde liegen.
(Textauszüge von Elmas Senol, Berlin)
Neben Druckgraphiken, Zeichnungen und Malereien bespielen Skulpturen und eine eigens für die Eröffnung in der Plaza aufgebaute Installation aus 1600 kleinen Keksformen das Biotechnikum. In dieses von den oberen Stockwerken gut zu betrachtende multisensorische Ornament durfte der Besucher „eingreifen“ und die in fünf unterschiedlichen Geschmacksrichtungen glasierten Mürbeteigkekse probieren.
Zum Werk von Sebastian Körbs
Die Römer hatten einen Gott der Tore und Türen. Als Einziger unter allen war Janus mit zwei Gesichtern und vier Augen versehen. Er blickte gleichzeitig auf die eine und auf die andere Seite der Portale. Den Toren einen Gott zuzuschreiben, ist insofern faszinierend, als Tore weder einen klaren Gegenstand noch einen bestimmten Raum bezeichnen. Vielmehr ist das Tor als Zwischenraum zu verstehen. Als ein abstrakter Ort, an dem sich zwei getrennte Welten berühren können.
Es ist nicht verwunderlich, dass Sebastian Körbs, der künstlerisch stets zwischen zwei Welten navigiert – der abendländischen und der osmanischen Kunsttradition – ausgerechnet ein Tor als monumentales Werk im Zentrum seiner Ausstellung in der KWS gewählt hat. Körbs Werk ist eine Einladung, Tore zu durchschreiten. Sein monumentales Tor verbirgt zudem kaum die andere Seite. Von ornamentalen Motiven durchlöchert, ähnelt es eher einer delikaten Maschrabiyya – die in der orientalischen Architektur dekorierten Fenstergitter zur Durchlüftung der Innenräume – als dem massiven Eingangstor einer Burg. Auch hier kann die Luft frei zirkulieren: die verschiedenen Welten werden nie ganz voneinander getrennt.
Mit diesem Tor kommen unmittelbar zwei zentrale Dimensionen von Körbs Werk zum Ausdruck: die Beziehung zum Raum und die Faszination für die evokative Kraft des Ornaments. Den Raum behandelt Körbs wie ein stets neu zu entdeckendes Kontinuum. Die Kraft der Kunst ist es, den leeren Raum zu ordnen und ihn uns sichtbar zu machen. Die Skulpturen, und nicht zuletzt das monumentale Tor, bauen neue, bis dahin nicht wahrgenommene Räume auf. Körbs platziert mehrere seiner Werke in den Ecken oder in der Höhe und verleiht auf diese Art unsichtbaren Räumen eine Existenz.
(Textauszug von Dr. Daniel Rakovsky)
"Körbs Werke spielen fortwährend mit den leeren Stellen innerhalb seiner Kreationen. Die Luft wird Teil der Skulpturen. Die Leere wird zur Materie, zum festen Bestandteil des Werks."
Dr. Daniel Rakovsky
Der Künstler - Sebastian Körbs
Dr. Daniel Rakovsky (Kunstwissenschaftler, Choreograf)
Daniel Rakovsky (*1984, Brüssel) studierte Philosophie und Bildwissenschaften in Paris und Freiburg. 2014 schloss er eine trinationale Promotion über das Konzept der Asymmetrie im Porträt der Renaissance ab (Paris-Sorbonne/Universität Bonn/ Universität Florenz).
Nach verschiedenen Erfahrungen in Deutschen und Französischen Museen arbeitet er seit 2016 in der Fondation Beyeler in Basel.
Seit seiner im Jahr 2018 abgeschlossenen Tanzausbildung verfolgt er parallel zu seiner musealen Tätigkeit eine Karriere als Choreograf. 2020 gründet er die deutsch-französische Tanzkompanie "Onze Chambres".
Die Kombination dieser beiden Schwerpunkte bringt ihn derzeit dazu, sich besonders für die Beziehungen zwischen bildender Kunst, Tanz und Performance zu interessieren und inklusive Formate für performative Rundgänge in Galerien und Museen zu entwickeln.