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Ausstellung:
Art meets Science - KWS & Team

Faszinierende Bilderwelten mit Ihren Kolleginnen und Kollegen der KWS teilen

Art meets Science nahm für uns seinen konkreten Anfang im Frühjahr 2019, als wir uns das erste Mal in Einbeck mit den Forscherinnen und Forschern getroffen haben, die das Projekt initiiert haben. David Pacheco Villalobos, Susana Martin Ortigosa und Christina Rode († 2022) fiel bei ihrer täglichen Arbeit in den Laboren der KWS immer wieder die künstlerische Qualität der beim Mikroskopieren entstehenden Bilder auf. Sie wollten diese faszinierenden Bilderwelten mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Abteilungen der KWS teilen. So entstand die Idee, Wissenschaft und Kunst zusammenzuführen und eine Ausstellung zu organisieren. - Elmas Şenol

Was hat Dich, Volker Crone, als Künstler & Fotograf an dem Projekt Art meets Science denn eigentlich gereizt?

Ich finde es nach wie vor spannend, wie ein und dasselbe Bild, je nach Perspektive und Kenntnisstand der Betrachter*in zwar nicht den Inhalt, jedoch die Bedeutung des Inhalts wechselt.

Als Beispiel nenne ich mal das Bild “Reise im Weltraum” von Christina. Tatsächlich hat sie es bei 400-facher Vergrößerung aufgenommen und es zeigt Weizen-Mikrosporen im Einkernstadium. Ich jedoch, der sich in diesen Themen nur sehr begrenzt auskennt, muss auf meine persönliche Erfahrung, Bildung und Erinnerung zurückgreifen um das Bild einzuordnen und den Inhalt mit Bedeutung zu füllen. So bringe ich das Bild zum Beispiel viel eher mit der Makro-, als mit der Mikroebene in Verbindung und lese es aufgrund des schwarzen Hintergrundes eher in einem astronomischen Kontext. In einem Paper hätte das Bild eine klare Funktion und eine die These stützende Aussage, an der Wand hängend zeigt es das, was die Betrachter*innen darin sehen. Diese Verschränkung von Bedeutungen zwischen der Wissenschaft und der Kunst finde ich großartig. - Volker Crone

Reise im Weltraum -  Christina Rode

Reise im Weltraum - Christina Rode

Kunst Obwohl in ich einem kleinen, dunklen Mikroskopier-Raum im Kern des BIT1 sitze, fühle ich mich beim Betrachten der leuchtendblauen Zellen wie auf einer Weltraumreise.

Wissenschaft Weizen-Mikrosporen im Einkernstadium. Bild aufgenommen bei 400x Vergrößerung/ DAPI Färbung.

"Die große Gemeinsamkeit des 'das Ziel nie Erreichens' teilend, ist die Kunst sowie die Wissenschaft stets in der Entwicklung begriffen und sucht nach neuen Möglichkeiten, neuen Antworten und neuen Fragen." - Volker Crone

Was denkst Du, Elmas Şenol, als Kuratorin über dieses Projekt und was denkst du über die Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft?

Ich war überrascht, wie häufig ich beim Betrachten der mikroskopischen Bilder an abstrakte Kompositionen von Wassily Kandinsky oder Joan Miro denken musste. Ich nahm meinen gewohnten “kunsthistorischen Blick” ein, der sich zunächst über die formale und ästhetische Ebene versucht, an die Inhalts- und Bedeutungsebene anzutasten. Da es sich hier aber um naturwissenschaftliche Aufnahmen handelt, ist von der rein formalen Betrachtung nicht auf die Inhaltsebene zu schließen. Ich brauche zusätzliche Informationen, um den Sachverhalt zu verstehen.

In der modernen und zeitgenössischen Kunst ist das eigentlich nicht anders - ich kann den Anblick eines Kunstwerks auf formal-ästhetischer Ebene genießen, will ich aber den Inhalt verstehen, muss ich mich informieren, mich einlesen, das Werk mit anderen Werken vergleichen oder den Künstler fragen. Was mich an diesem Projekt außerdem interessiert hat, war die Frage, wie sich Kunst und Wissenschaft begegnen können. - Elmas Şenol

Wo liegen Unterschiede, wo gibt es Gemeinsamkeiten und wie können sich die beiden Bereiche gegenseitig inspirieren und bereichern?

Ich lehne mich jetzt mal ein wenig aus dem Fenster und behaupte, dass sich beide Bereiche generell mit denselben Fragestellungen beschäftigen: Was ist Leben? Was ist der Mensch? Woraus besteht die Welt? In den jeweiligen Unterkategorien der Wissenschaften, bzw. Ausprägungen der Künste sind diese Fragen natürlich kaum noch sichtbar, da es in beiden Bereichen sehr spezialisiert zugeht. Dennoch denke ich, dass Wissenschaftler*innen genauso wie Künstler*innen stets von Neugier angetrieben werden.

Und wer neu- und wissbegierig ist, genießt den Blick über den eigenen Tellerrand. Oder auch die Herangehensweise an ein Thema, das so gar nicht dem eigenen gleicht. Zudem ist die Kunst ein Gegenstand der Wissenschaft (sowie in deinem Fachbereich) und auch die Wissenschaft ein Gegenstand der Kunst (wie zum Beispiel bei Thomas Struth). Den Fotoapparat selbst würde es ohne wissenschaftliche Arbeit nicht geben. - Volker Crone

Wie unterscheiden sich Eure fotografischen Prozesse, wo gibt es Gemeinsamkeiten?

Ich fotografiere mit einer digitalen Vollformat-Kamera, wohingegen die Bilder der Forscher*innen beim Mikroskopieren entstehen. Technisch gesehen ist bis auf einige computergenerierte Bilder der Entstehungsprozess beinahe derselbe: Licht wird durch ein optisches System fokussiert und auf einen Sensor gelenkt. Auf die Elektronenmikroskopie trifft dies auch bedingt zu, obwohl keine Licht-, sondern Materiewellen verwendet werden. Ich denke, es gibt lediglich einen zentralen Unterschied: Die Motivation, ein Bild zu erzeugen ist eine andere. Während die Motivwahl bei mir aus einem individuellen, fotografisch-ästhetischen Impuls entsteht, basiert die Entscheidung für ein Bild am Mikroskop auf der Informationsdichte des Motivs.

Kannst Du diesen Bildern auch eine künstlerische Qualität abgewinnen?

Auf jeden Fall. Die Idee von Art meets Science geht auf die Initiative der Forscher*innen zurück. Sie erkennen in ihren Bildern eine Ästhetik, die über die bloßen wissenschaftlichen Erkenntnisse hinaus gehen.

Ich bin teilweise sehr beeindruckt von den Bildern der Mitarbeiter und komme noch mehr ins Staunen, wenn ich herausfinde, was auf dem Bild tatsächlich abgebildet ist. Mich erinnern die Bilder teilweise an Malerei, teilweise an Aufnahmen der NASA und manchmal haben die Bilder einen komplett eigenen, merkwürdig interessanten Charme.
- Volker Crone

Bei Art meets Science gibt es auf der einen Seite den Blick der Forscher, auf der anderen Seite den Blick eines Künstlers auf das Bildmaterial. Für die Forscher sind diese Bilder Teil ihrer täglichen Arbeitspraxis. Was siehst Du als Künstler in diesen Bildern?

Ich finde es gerade spannend, dass manche der Bilder eben mit der Absicht entstanden sind, eine möglichst hohe Informationsdichte zu beinhalten. Dass diese Bilder zusätzlich auch eine künstlerische Komponente haben, zeigt entweder, dass der oder die Autorin bewusst oder unbewusst ästhetisch gehandelt haben, oder das “Künstlerische” ein Nebenprodukt von wissenschaftlicher Arbeit ist. Beide Möglichkeiten klingen für mich ebenso spannend. - Volker Crone

"Ich finde es nach wie vor spannend, wie ein und dasselbe Bild, je nach Perspektive und Kenntnisstand der Betrachter*in zwar nicht den Inhalt, jedoch die Bedeutung des Inhalts wechselt." - Volker Crone

Connecting the nodes - Katrin Dietrich

Connecting the nodes - Katrin Dietrich

Kunst Wenn man Muster und Gencluster nach ihrer Expression in der Pflanze visualisiert, sieht man schließlich, wie alles miteinander verbunden ist und welch schöne Strukturen sich in den riesigen Datentabellen verbergen, die in die Analyse gehen.

Wissenschaft Ein Ko-Expressionsnetzwerk wurde aus den Expressionsprofilen von 8.000 Zuckerrübengenen über 120 Proben aus verschiedenen Genotypen und Behandlungen errechnet. Jeder Punkt repräsentiert ein Gen, und Gene miteinem ähnlichen Expressionsprofil sind durch eine Linie verbunden.

Kunst Unordnung in der Ordnung – diesen Eindruck macht das Bild, denn hier werden immer diegleichen (oder sehr ähnliche) Fragmente aufgetrennt. Dennoch entsteht durch kleine Variationen inder Laufgeschwindigkeit ein Bild.

Wissenschaft Array-Ansicht eines Durchlaufs auf dem Kapillarelektrophorese-Instrument. In jeder Bahn sieht man die rot markierten Größenmarkerfragmente und einige blau markierte PCR-Fragmente. Die große blaue Bande oben sind die übrig gebliebenen Primer.

Shining waves - Sandra Habekost

Shining waves - Sandra Habekost

Good Pore, Bad Pore - Benjamin Janto

Good Pore, Bad Pore - Benjamin Janto

Kunst Diese abstrakte Kunst erinnert an Cartoon-Darstellungen von Granum in einem Chloroplasten und wird durch den MinION DNA/RNA-Sequenzer (Oxford Nanopore Technologies) erzeugt.

Wissenschaft Jede Scheibe stellt den Status einer biologischen Pore dar, die sich in einer Membran eingebettet, auf einer mikrofluidischen Sequenzierungs-Durchflusszelle befindet. Dieses Bild wird in Echtzeit aktualisiert und bietet einen Überblick über den Fortschritt eines DNA- oder RNA Sequenzierungslaufs (oder Probleme damit).

Wie stehst du als Kunsthistorikerin dazu?
Kannst du Verweise oder Beziehungen auf die, bzw. zur Kunstgeschichte erkennen?

Schon während unseres ersten Treffens mit den Forscher*innen hatte ich Assoziationen zu abstrakter Malerei. Auch später, beim Durchsehen der eingereichten Bilder gab es immer wieder den Moment, wo ich dachte: Das Bild könnte jetzt auch ein zeitgenössisches Kunstwerk oder eine Dokumentarfotografie sein. Es könnte theoretisch in einer Galerie hängen.

Ich würde aber nicht so weit gehen und in den Bildern der Forscher*innen bewusste Verweise oder Beziehungen zur Kunstgeschichte sehen. Die Bilder entstehen für Forschungszwecke, die Intention des Bilder Machens ist hier eine ganz andere als in der Kunst. Ich stimme Dir aber in dem Punkt zu, dass viele der Bilder auf einer formal-ästhetischen Ebene sehr ansprechend sind und aufgrund der häufig vorkommenden organischen Formen auch sehr sinnlich wirken.

Am Ende geht es sowohl im wissenschaftlich motivierten als auch im künstlerisch motivierten Bild um die Vermittlung von Informationen und basierend auf diesen Informationen schließlich auch um einen Erkenntnisgewinn. Es ist in jedem Fall spannend zu sehen, in welchem Kontext Bilder entstehen und wie sich daraus die unterschiedlichen Bedeutungen ergeben. - Elmas Şenol

Nachdem die Bilder final ausgewählt und für den Druck vorbereitet waren ging es in die Produktion. Welche Produktionsart habt Ihr für die Bilder gewählt?

Wir haben viel hin und her überlegt in welcher Weise wir die Bilder produzieren und an die Wand bringen. Mir war sehr wichtig, dass die Bilder auch in ihrer Produktionsart eine klare und technische Anmutung haben sollten.

Da sehr viele unterschiedliche Bilder eingereicht wurden, die die vorhin von mir erwähnte Kontextverschiebung erfahren sollten, haben wir uns für zwei Arten entschieden. Zum einen den Fotoprint hinter Acrylglas auf Aludibond kaschiert. Bei dieser Technik bekommt das jeweilige Bild durch die gläserne Oberfläche eine besondere Tiefe, da sich der umgebende Raum vor allem in den dunklen Bereichen spiegelt. Die andere Produktionsart ist eine seltenere und für dieses Projekt sehr passende Art: ein Direktdruck auf gebürstetes Aluminium-Dibond. Dadurch, dass bei dieser Herstellungsart der Weißraum des Bildes zu einer silbrig schimmernden, metallischen Oberfläche wird, erfahren die so hergestellten Bilder eine beinahe technoide Anmutung und gehen eine Beziehung mit ihrer Laborumgebung ein. - Volker Crone

Wenn Du nun auf das Projekt zurückblickst: Inwieweit haben sich Wissenschaft und Kunst gegenseitig inspiriert?

Die Wechselwirkung von Kunst und Wissenschaft glich in diesem Projekt derer, die die beiden Disziplinen auch außerhalb unseres Art meets Science Projekts pflegen: Ein ständiges gegenseitiges anfeuern und wohlwollendes Überholen. Die große Gemeinsamkeit des “das Ziel nie Erreichens” teilend, ist die Kunst sowie die Wissenschaft stets in der Entwicklung begriffen und sucht nach neuen Möglichkeiten, neuen Antworten und neuen Fragen. Der Blick rüber in die andere Disziplin mit ihren völlig anderen Methoden ist dabei nicht selten erfrischend und inspirierend. - Volker Crone

Dass sich Künstler*innen für andere Disziplinen und Themenbereiche interessieren und diese dann innerhalb ihrer künstlerischen Praxis verarbeiten bin ich als Kunsthistorikerin gewohnt. Das macht Kunst für mich so spannend, weil man sich auf diese Weise immer wieder neues Wissen aneignen kann. Dass es bei Art meets Science nun die Forscher*innen waren, die auf die Kunst zugekommen sind, finde ich besonders erfreulich! Ich finde, das Ergebnis von Art meets Science kann sich wirklich sehen lassen, Kunst und Forschung haben sich gegenseitig auf eine tolle Weise bereichert. - Elmas Şenol

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Gespräch zwischen Volker Crone und Elmas Şenol anlässlich der digitalen Ausstellungseröffnung.

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Zu den Künstlern - KWS & Team

Volker Crone

Volker Crone studierte zunächst Philosophie und Technik, spezialisierte sich dann aber auf das Medium der Fotografie. Der Fokus seiner freien Projekte liegt auf der konzeptuellen Dokumentarfotografie.

Mit sorgfältigem Blick bearbeitet er Themen aus den Bereichen der Soziologie, der Ökologie und den Wissenschaften. Als beratender Fotograf und Künstler unterstützte er das Projektteam bei der Umsetzung.

Elmas Şenol

Elmas Şenol (*1986 in Köln) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Anglistik in Bonn und Rom. 2018 kuratierte sie die erste institutionelle Einzelausstellung der Guerrilla Girls in Deutschland – gerade zum Höhepunkt der #metoo und #notsurprised Debatten.

Ihr kuratorisches Interesse liegt besonders auf künstlerischen Positionen, in denen formale Ästhetik auf Inhalte mit gesellschaftlich relevanten Themen treffen.

Drei Wissenschaftler mit einer Idee

Drei Kollegen aus dem Bereich Forschung und Entwicklung, Susana Martin Ortigosa, Christina Rode († 2022) und David Pacheco Villalobos, wundern sich immer wieder über die geheimnisvollen Bilder und Perspektiven, die sich ihnen täglich in der Forschung und bei Routinetätigkeiten bieten. Aus ihrer gemeinsamen Faszination ist das Projekt Art meets Science entstanden.

Sie starteten einen Aufruf an alle Kolleginnen und Kollegen ihrer Arbeitsbereiche: Gesucht wurden Bilder aus dem Arbeitsalltag – Mikroskopaufnahmen, Fotos, graphische Darstellungen, Bilder von lebenden Zellen oder von Gummistiefeln neben der Tür, Landschaften, Detailaufnahmen oder Undefinierbares. Eingesandt wurden rund 200 Bilder. Das Ergebnis finden Sie in dieser Ausstellung.

Ihr Ansprechpartner

Bettina Alex
Bettina Alex
Public Affairs & Arts
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