„KWS schafft derzeit einen neuen Werkzeugkasten, um das Wurzelwachstum in großem Maßstab zu erfassen. Dafür testen wir neue Verfahren und verfeinern, was sich bewährt. Später müssen wir verstehen, welche Pflanze mit welcher genetischen Ausstattung in welchem Boden bei welcher Nährstoff- und Wasserversorgung wie wächst“, sagt Gruber. Das alles kostet Zeit und Geld. Beides sind Investitionen in die Zukunft eines Unternehmens, das seit mehr als 160 Jahren besteht und den Landwirten auch künftig ertragreiche Sorten anbietet. Rund 17 Prozent des Umsatzes gibt die bis heute familiengeprägte KWS für ihre Forschung aus.
Züchtung braucht genaues Beobachten
Das genaue Beobachten von Pflanzeneigenschaften, um daraus Hinweise für die Züchtung abzulesen, ist so alt wie der Ackerbau selbst. Die ersten Bauern zum Beispiel säten im nächsten Jahr die dicksten Körner des Vorjahres aus. Gregor Mendel beobachtete Farbe und Form von Erbsen, um anhand der Ergebnisse seine Vererbungsregeln aufzustellen. Mit Blick auf die sicht- und messbaren Eigenschaften von Pflanzen sprechen Biologen vom Phänotyp.
Das Vorgehen von Ben Gruber ähnelt weiteren Phänotypisierungsprojekten bei KWS. Forschungsexperten von KWS erfassen Daten in der Umwelt, sei es mit drohnenbasierten Kameras oder unterirdischen Scannern. Die Bilder werden am Rechner zusammengefügt und automatisch analysiert, um den Züchtern neue Hinweise zu geben. „Das alles muss im industriellen Maßstab funktionieren, bei Wind und Regen, im Matsch und bei Trockenheit – nicht nur im Labor oder bei 20 Pflanzen. Pflanzenzüchtung ist immer eine Frage großer Zahlen, dafür müssen tausende Pflanzen ausgewertet werden“, sagt Gruber, bevor er sich wieder der statistischen Analyse seiner Daten zuwendet.