„Nie sind meine Werke nur schön oder nur grausam oder mahnend, vielmehr haben sie oft Aspekte beider dieser Seiten inne“, sagt Katharina Kühne. „Sie versuchen zu locken und zu verzaubern und darüber hinaus auf Missstände hinsichtlich der Perspektive vieler Menschen auf ihre Umwelt und ihr eigenes Handeln hinzudeuten.“ In ihren Werken beschäftigt sich die Künstlerin mit Themen und Motiven wie Verbundenheit, Pflanzenstrukturen, Vernetzungen, Unterwasserwelten oder Symbolen für Schutz, Heilung, Ganzheit und Wachstum. Oftmals sind es persönliche Erfahrungen aus Reisen oder Beobachtungen auf Wanderungen, die sie für ihr künstlerisches Schaffen inspirieren. Zellstrukturen, Gerippe, Organe sowie Landschaften tauchen in ihren Werken mal eindeutig klar, mal stark verfremdet oder miteinander vermischt auf.
„Ihr Weg in die künstlerische Karriere ist enorm und zeigt die Begeisterung und die Vielfalt von dem, was Sie tun“, sagte KWS Vorstandsmitglied Eva Kienle bei der Vernissage zur Begrüßung. „Sie beschäftigen sich mit organischen Formen, die das Auge oft nur unter dem Mikroskop wahrnehmen kann, hier treffen Sie natürlich auch auf die Perspektive der Wissenschaft. All das, den Mikro- und den Makrokosmos, möchten Sie in ihrer Kunst interpretieren und uns Betrachterinnen und Betrachter faszinieren wie inspirieren“, sagte Kienle über die Künstlerin Kathrina Kühne. „Ich finde es sehr beeindruckend, welche Ideen sie haben.“
Kunst führe Menschen und die Gesellschaft zum Diskurs zusammen, freute sich Alexander Leinemann, Kunsthistoriker aus Göttingen, über die ausgestellten Werke. Wobei es ein durchgehend bedingtes Wagnis bleibe, mit hier und jetzt stattfindender Kunst umzugehen. Er unterstrich den Anspruch der Künstlerin, die von komplexen Systemen fasziniert sei. „Es existiert mehr, als der Mensch als hoch entwickeltes Wesen imstande ist, zu denken“, sagte Leinemann. „Es gibt immer etwas, was wir nicht denken können.“ Katharina Kühne gebe den Besuchern mit ihren Werken etwas an die Hand, was zum Nachdenken anrege, und führe dazu, komplexe Systeme nicht als zu schwierig aufzufassen, sondern als Angebot zu sehen, sich mit mehr auseinander zu setzen als mit einfachem Schwarz-Weiß-Denken. „Kunst gibt uns nicht sofort die Antwort, sie wird uns stets daran erinnern, dass wir gewillt sein müssen, neu und weiter zu denken und zu erkennen, wie limitiert wir manchmal in unserem Denken und in unseren dadurch bedingten Lösungsansätzen sind“, sagte Leinemann.
Im ersten Raum dominieren große Papierskulpturen und Malerei auf Leinwand. Rot- und Orangetöne geben dem Raum eine warme, fast sommerliche und mediterrane Atmosphäre. Im zweiten Raum präsentiert Katharina Kühne Keramikskulpturen auf Sockeln. Kleine, direkt hinter der Skulptur fixierte Spiegelwände können den Betrachter verwirren, aber auch das Bewusstsein für unterschiedliche perspektivische Möglichkeiten schärfen. Im hinteren Abschnitt des Raums zeigt die Künstlerin eine Reihe von zwölf Arbeiten streng in Reihe gehängt. Hier verbindet sie geschwungene Formen, wie sie in der Natur als Pflanzenform bei Blättern, Blüten, Ästen oder Sträuchern vorkommen, mit menschlichen Formen. Die Farbigkeit hält Katharina Kühne hier für die Form und Figur eher bedeckt und nutzt Grau, Weiß und Silbertöne. Im Workshopraum der NEWCOMER KWS Art Lounge finden die Besucher neben malerischen Wandarbeiten in verschiedenen Formaten auch eine Skulptur aus Papier sowie aus Keramik wieder. Ein Blick aus dem Workshop-Fenster in dem gegenüber liegenden ersten Raum von NEWCOMER lässt die Papierskulpturen miteinander kommunizieren. Die Schaukästen im Durchgang bereichern durch transparente Fensterbilder den Blick der NEWCOMER-Besucher, aber auch gleichzeitig den Blick der Passanten des Durchgangs.
Katharina Kühne, geboren 1992 in Lüneburg, studierte ab 2015 Freie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Bei Björn Dahlem absolvierte sie zunächst die Grundlehre der Bildhauerei und studierte anschließend Malerei bei Wolfgang Ellenrieder, dessen Meisterschülerin sie 2021 wurde. 2019 startete sie mit der Präsentation ihrer Arbeiten zunächst in Gruppenausstellungen, wird Siegerin des Gestaltungswettbewerbs der Markthalle Wolfsburg und erhält das Deutschlandstipendium durch die Kunststiftung Kunze. Einzelausstellungen folgen sowie ein Katalogstipendium der Hannover Rück und die Kickstarter Absolventenförderung des Kunstfonds „Neustart Kultur“.
Am Samstag, den 10. Juni wird Katharina Kühne anlässlich des Fachwerk Kultur Sommers in Einbeck von 12 bis 18 Uhr in der Ausstellung sein. Besucherinnen und Besucher sind herzlich, eingeladen mit der Künstlerin vor Ort ins Gespräch zu kommen.