Kleiner Schädling mit großer Wirkung
Der Rübenzystennematode (Heterodera schachtii) hat die größte wirtschaftliche Bedeutung in den meisten europäischen Zuckerrübenanbaugebieten.
Nematoden gehören zur vielfältigen biologischen Klasse der Fadenwürmer. Sie sind meist relativ kleine, weiße bis farblose fadenförmige Würmchen. Sie sind weltweit an verschiedenste Lebensräume angepasst und dabei auf Feuchtigkeit angewiesen.
- Nematoden bewegen sich in ihrem Lebensraum durch Schlängeln fort, weshalb sie auch Älchen genannt werden
- von etwa 20.000 bekannten Nematodenarten ernähren sich ca. 3000 von Pflanzen
- etwa 100 Arten sind bedeutende Schädlinge an Kulturpflanzen
- Nematoden befallen das Wurzelsystem der Wirtspflanze und beeinträchtigen stark deren Stoffwechsel
Kerngebiete des Nematodenvorkommens in Europa
Der Rübenzystennematode stellt nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch in Asien, Nordafrika, Nordamerika und Australien eine Bedrohung des Zuckerrübenanbaus dar.
Kerngebiete des Nematodenvorkommens in Deutschland:
- Rheinland
- rheinhessisch-pfälzische Rübenanbaugebiete
- Bördegebiete Niedersachsens und Sachsen-Anhalts
- Dithmarschen
- Uelzen
- Franken
- Bayern
Schäden an den Zuckerrüben entstehen durch die an den Faserwurzeln parasitierenden Larven der Rübenzystennematoden. Die Nematodenlarven regen die Wurzeln zur Bildung eines Nährgewebes (Syncytium) an. Der Nematodenbefall schränkt die Wasser- und Nährstoffaufnahme der Zuckerrübenpflanze erheblich ein.
Frühestens im Juni können Sie die klassischen Symptome eines Nematodenbefalls im Bestand beobachten, wobei nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten müssen.
Feld: Nesterweises Welken der Rübe
- tritt hauptsächlich bei stärkerer Sonneneinstrahlung auf
- die Blätter welken, erholen sich aber während der Nachtstunden oder nach Niederschlägen wieder
- stärker befallene Pflanzen zeigen Kümmerwuchs
- die äußeren Blätter vergilben und sterben ab
- nachwachsende Blätter besitzen eine verkleinerte Blattspreite
Pflanze: Ausbildung eines Wurzelbartes
- Pflanze versucht die Schädigung durch eine verstärkte Seitenwurzelbildung zu kompensieren
- typischer Wurzelbart entsteht Hauptwurzel ist verkürzt
Das eindeutige Symptom sind die stecknadelkopfgroßen, weißen Weibchen oder braunen Zysten, die temporär mit bloßem Auge an den Seitenwurzeln erkennbar sind
Die Höhe der Ertragsverluste kann zwischen 5 und 45 % betragen
Ertragsverluste sind abhängig vom Nematodenbesatz im Boden, dem Aussaatzeitpunkt, dem damit verbundenen Zeitpunkt des Befalls der Zuckerrüben und von der Folgewitterung.
Allgemein gilt: Je früher die Pflanzen befallen werden, desto höher sind die zu erwartenden Ertragseinbußen.Ein latenter Befall mit Nematoden ist ungleich schwieriger zu erkennen. Ohne dass die klassischen Symptome sichtbar werden, kann bereits ein Ertragsverlust von 10% entstanden sein.
Eier, Larven, Zysten – Entwicklungszyklus von Heterodera schachtii
1. Zysten überdauern im Boden
2. Wurzelausscheidungen der Zuckerrüben führen zum Schlupfreiz, Larven (♀ ♂) verlassen die Zysten
3. Larven (♀ ♂) dringen aktiv in das Wurzelgewebe ein
4. Optimale Ernährungsbedingungen für die Nematodenweibchen (♀ ♂) (vollständige Ausbildung von Nährzellengewebe in Wurzeln von Wirtspflanzen
5. Nach der Befruchtung der Weibchen entstehen neue Zysten mit vielen neuen Eiern und Larven
6. Anzahl der Zysten im Boden hat sich vervielfacht
Die Entwicklungsdauer einer Generation von Heterodera schachtii ist stark witterungs- und temperaturabhängig. Für den Abschluss einer Generation wird eine Wärmesumme von insgesamt 465 °C benötigt
Berechnung:
Summe der täglichen Bodendurchschnittstemperaturen in 10 - 20 cm Tiefe und die Werte oberhalb der Basistemperatur von 8 °C werden aufaddiert
Beispiel:
gemessene Bodendurchschnittstemperatur: 17 °C
Berechnung der Wärmesumme:
Bodendurchschnittstemperatur 17 °C
– Basistemperatur 8 °C
= 9 °C
Bei gleichbleibenden Bodendurchschnittstemperaturen von 17°C wird in diesem Beispiel die Wärmesumme von 468 °C nach 52 Tagen (52 x 9 °C = 468°C) erreicht. Unter geeigneten Bedingungen können sich 2 bis 4 (unter besonders warmen Verhältnissen sogar 5) Generationen pro Jahr entwickeln.
Vermehrungsrate wird beeinflusst durch:
- die herrschenden Umweltbedingungen
- die Wirtspflanze
- die Dichte der Ausgangspopulation
- die Bodentemperatur
Die Vermehrungsrate der Rübenzystennematoden wird in Form eines Quotienten, dem
sogenannten Pf/Pi-Wert angegeben. Er wird durch einfache Division mit der nachstehenden
Formel errechnet:
Pf/Pi-Wert =
Nematodenbesatz nach dem Wirtspflanzenanbau (Pf) /
Nematodenbesatz vor dem Wirtspflanzenanbau (Pi)
Den Nematodenbesatz auf Ihren Flächen können Sie nur anhand von Bodenproben im Labor feststellen lassen. Mit der Kenntnis der Besatzwerte können Sie gezielte Maßnahmen zur Nematodenreduzierung treffen. Eine Bodenanalyse empfehlen wir vor Zuckerrüben
Flächenbeprobung) oder aus der abgereinigten Rübenerde nach dem Anbau (Erdschwadbeprobung).
Flächenbeprobung
- Bodenproben werden mittels Bohrstock gezogen
- Einstichfrequenz von 100 - 200 Einstichen pro Hektar in 30 cm tiefe
- je mehr Einstiche pro Hektar vorgenommen werden desto repräsentativer das Ergebnis der Probe
- wichtig: gleichmäßige Beprobung der gesamten Fläche, da Nematoden nesterweise auftreten
Die gesammelte Menge sollte in einem Eimer gut durchmischt und in einen Kunststoffbeutel
gefüllt werden. Für die Analyse wird insgesamt 1 kg Erde benötigt. Die Probe muss bis zur
Analyse kühl gelagert werden. Im Labor kann dann der Nematodenbesatz in Eier + Larven je
100g Boden oder 100 ml Boden festgestellt werden.
Erdschwadbeprobung
- einfacher als eine Flächenbeprobung durchzuführen
- jedoch keine Aussage über die Besatzhöhe in der Fläche
- Probenahme erfolgt aus der Rübenerde, die von der Rübenmiete nach dem Verladen
zurückbleibt (Erdschwad) - Schwadprobe soll so frei wie möglich von pflanzlichem Material sein
- organische Bestandteile müssen abgesiebt werden
- etwa 1 kg der abgesiebten Bodenprobe wird für die Laboruntersuchung benötigt
Je enger Sie die Zuckerrübe in Ihre Fruchtfolge stellen, desto stärker kann sich die Nematodenpopulation aufschaukeln. Eine weit gestellte Fruchtfolge beugt dagegen einer starken Vermehrung vor, bietet aber auch keine absolute Sicherheit.
Biologische Bekämpfung
Um Ihr Nematodenproblem bestmöglich zu bekämpfen, sollten Sie biologisch Bekämpfungsmaßnahmen anwenden. Hierzu zählt der Anbau nematodenresistente Zwischenfrüchte, der Umgang mit Raps und Ausfallraps in der Fruchtfolge sowie die Sortenwahl bei Zuckerrüben.
Chemische Bekämpfung
Bis in die 1980er-Jahren wurden Nematizide in Deutschland zur Bodenentseuchun genutzt. Heutzutage sind sie jedoch in fast allen Ländern nicht mehr zugelassen. Somit steht in Deutschland kein chemisches Pflanzenschutzmittel mehr zur Bekämpfung von Nematoden zur Verfügung.
Physikalische Bekämpfung
Die Entseuchung von Pflanzsubstraten und Boden über Hitzeeinwirkung in Gartenbaubetrieben gängige Praxis, allerdings ist dieses Verfahren auf größeren Ackerschlägen nicht anwendbar und wird damit auch in Zukunft nur in kleinflächig angebauten Sonderkulturen zur Anwendung kommen.